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  Mansfeld-Südharz  

Beistand in der schwersten Zeit des Lebens

Hospizinitiative Sangerhausen

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Juliane Graichen, Projektleiterin
Foto: Denny Kleindienst

Vertrauen und Helfer mit offenem Ohr

  Steffi Rohland   

Die Mitglieder der Hospizinitiative Sangerhausen begleiten Schwerstkranke und Sterbende. Sie sind aber auch für die Angehörigen und Trauernden da.

Auf dem Tisch steht eine Kerze.  Sie erzählt von Menschenleben. Als Gast in der Gesprächsrunde der Mitglieder der Hospizinitiative Sangerhausen kann man die Geschichten nicht lesen. Die Kerze ist geschmückt mit Symbolen und Zeichen, die sich mit den betreuten Menschen verbinden.  Jedes Leben war einzigartig.   Wer sein Zeichen auf der Kerze bekommt, ist gestorben. Es gehört zu den festen Ritualen der elf Mitglieder der Hospizinitiative, sich in der großen Runde in würdiger Form zu verabschieden. Dabei wird der Person, die einer oder eine von ihnen über Wochen, Monate oder Jahre begleitet haben, gedacht.  

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Ehrenamtliche Hospizarbeit

Seit dem Jahr 2005 gibt es die ehrenamtliche Hospizinitiative in Sangerhausen. Die Mitglieder haben es sich zur Aufgabe gestellt, Schwerstkranke und Sterbende, aber auch Angehörige und Trauernde zu begleiten. Sie nehmen dabei keine pflegerischen Aufgaben wahr. Sie schenken dem Schwerstkranken und Sterbenden das, was besonders wertvoll ist: Zeit. Sie nehmen sich Zeit, um mit den Menschen über Krankheit, Sorgen, Ängste und Nöte zu sprechen.  So mancher Sterbende vertraut den Männern und Frauen ganz persönliche Sachen an, die sie auch den nächsten Verwandten nicht sagen möchten.

Die Ehrenamtler sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.  Die ambulanten Hospizmitarbeiter nehmen sich Zeit, zum Reden, Zuhören aber auch zum Schweigen. Sie sind einfach da, vermitteln menschliche Wärme.   Dabei ist es gleich, ob sich die zu betreuende Person zu Hause, in einem Heim oder in einem Krankenhaus befindet. Das Kommen der Mitarbeiter der Hospizinitiative wird frei festgelegt, je nach Wunsch des oder der Betroffenen und/oder der Angehörigen. Denn auch die Angehörigen können durch die kostenfreie Arbeit der ambulanten Hospizmitarbeiter entlastet werden. Um mitarbeiten zu können, reicht der Wille und die persönliche Eignung des Interessenten. 

Gottfried Appel (76), im Moment der einzige Mann in der Runde, kam mit Beginn des Ruhestandes zur Hospizinitiative.  Der Pfarrer im Ruhestand suchte eine neue Aufgabe. „Jetzt hätte ich dafür Zeit“, sagte er sich damals. „Und vom Beruf des Seelsorgers her, war es naheliegend.“   Gemeinsam mit seiner Frau absolvierte er die Ausbildung zum Hospizbegleiter.

Elisabeth Appel war zu dieser Zeit bereits aktiv in der Begleitung. Die 76-Jährige ist von Beruf Krankenschwester. „Ich hatte von der Hospizarbeit in England gehört“, sagte sie.  „Dort gab es allerdings nur stationäre Hospize.“ Über Andrea Jungnitsch bekam sie Kontakt zur Hospizarbeit in der Region. Elisabeth Appel besuchte eine Veranstaltung, bei der die ambulante Hospizarbeit vorgestellt wurde, und sah für sich neben dem Beruf und der Betreuung der Enkel eine Aufgabe, der sie sich widmen wollte.

Somit gehört sie zu den ersten sechs Akteuren, welche die Hospizinitiative in Sangerhausen gründeten.  „Ich nahm an den Gruppensitzungen teil“, sagte sie.    „Als dann Sitzwachen gebraucht wurden, habe ich diese übernommen.“ Erst später, als es auch in Sangerhausen eine Ausbildung für ambulante Hospizarbeit gab, hat sie diese mitgemacht. „Die Ausbildung ist wichtig“, sagt Gottfried Appel. „Sie dient der Selbstreflexion und hilft, das Erlebte zu verarbeiten.“  Denn das Grundanliegen zu helfen, darf und soll nicht auf Kosten der Hospizler gehen. Einmal im Jahr treffen sich die Hospizler zu einer mehrtägigen Supervision, bei der sie ihre Arbeit mit Fachleuten besprechen.

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Regelmäßig finden seitens der Hospizinitiative auch  Gruppetreffen statt.

Rat und Tat im Trauercafé

Die Hospizinitiative bietet außerdem das Trauercafé in den Räumen der Diakonie Sozialstation im Stift Sankt Spiritus, Kyselhäuser Straße 2 in Sangerhausen, an. Es findet immer am letzten Montag im Monat statt. Auch das Trauercafé ist kostenfrei für die Teilnehmer. Hier stehen unter anderem Elvira Winzerling und Annett Richter den trauernden Hinterbliebenen mit Rat und Tat und Einfühlungsvermögen zur Seite.  „Ich habe mich schon immer für soziale Arbeit interessiert und wollte selbst aktiv werden“, sagt Anett Richter. „Ich hatte in der Zeitung über die Hospizinitiative gelesen und mich außerdem mit meiner Schwägerin, Kathrin Richter, unterhalten.“ Als ausgebildete Fachschwester für Anästhesie und Intensivpflege Palliativ Care war Kathrin Richter bereits in der Hospizinitiative Sangerhausen tätig. „Sie hat mich zu den Gruppentreffen mitgenommen“, sagt Annett Richter. Die 57-Jährige hat daraufhin 2018 einen Kurs als ehrenamtliche Hospizmitarbeiter und 2019 als Trauerbegleiterin absolviert.

Beim Trauercafé kommen die Mitarbeiter mit den Hinterbliebenen ins Gespräch. Das Trauercafé ist offen für jeden Hilfesuchenden, der einen Angehörigen verloren hat. „Über die Teilnahme kann jeder frei entscheiden“, sagt Annett Richter. „Es gibt keine festen Gruppen. Manche kommen über ein Jahr lang jedes Mal, andere nur einmal.“ In der Trauerbegleitung sind auch individuelle Treffen möglich. Wem das Reden in der Gruppe nicht behagt, kann sich mit den Trauerbegleitern zu   individuellen   Einzelgesprächen treffen. 

Individuelle Beratung

Während der Sprechzeiten können nicht nur Termine für die Begleitungen und Trauergespräche vereinbart werden. Die Ansprechpartner der Initiative geben auch Hinweise zu Vorsorgevollmachten. Einmal im Jahr, um den Welthospiztag im Oktober, findet in Sangerhausen eine Benefizveranstaltung zugunsten der ehrenamtlichen Hospizarbeit statt. Dabei gab es in der Vergangenheit zum Beispiel Konzerte und Improvisationstheater und natürlich Informationen rund um die Arbeit.

©Maik Schumann

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