Anhalt Dessau
Weiterhin mitten im Leben stehen
Silvia Peters
Alltagsheldin hilft dabei, nicht allein zu bleiben
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Silke Ungefroren
Dank Alltagshelferin Silvia Peters kann die 94-jährige Irmgard Perk trotz Rollstuhl ihre langjährigen Kontakte noch immer pflegen.
Auf den Mittwoch freut sich Irmgard Perk jedes Mal. Da geht es auf zum Romméspielen – in die Kindertagesstätte „Buratino“ in Wolfen-Nord, das Neubaugebiet der Stadt in Bitterfeld-Wolfen. Seit etwa 20 Jahren, so sagt die 94-Jährige, gibt es dort diese regelmäßigen Treffs. Entstanden sind sie damals durch Kontakte auf dem Spielplatz – Kinder und Kita-Mitarbeiter sind mit Rentnern ins Gespräch gekommen. Und bei den seitdem wöchentlichen Zusammenkünften hat Irmgard Perk damals auch Silvia Peters kennengelernt.
Heute verbindet diese beide Frauen ein ganz anderes Verhältnis. Denn seit Irmgard Perk seit etwa vier Jahren auf den Rollstuhl angewiesen ist – vorher konnte sie noch gut ihren Rollator nutzen -, wird sie an jedem Mittwoch von Silvia Peters von zu Hause abgeholt. Allein kommt sie mit dem Rolli nicht klar in der Außenwelt, doch durch diese Hilfe ist sie auch weiterhin in der Lage, mitten im Leben zu stehen und die langjährigen Kontakte aufrechtzuerhalten.
Über Weiterbildungen zum MGH
Für Silvia Peters ist das Herzensangelegenheit – und das kommt nicht von ungefähr. Die heute 70-Jährige, die einst in der damaligen Filmfabrik in Wolfen als Sekretärin gearbeitet hat, wurde wie so viele andere nach der Wende arbeitslos. Dennoch hat sie keine Mühen gescheut, auch weiterhin aktiv zu sein: über verschiedene Maßnahmen der Beschäftigung und mehrere Fortbildungen. Dazu gehörte auch jene zur Betreuungskraft, wo sie vieles gelernt hat, um mit Menschen mit Handicap umgehen zu können.
Irgendwann schließlich wurde sie Seniorenbegleiterin – über eine Initiative des Vereins Biworegio, der heute neben vielen anderen im Mehrgenerationenhaus (MGH) in Wolfen-Nord aktiv ist. Hier wird Menschen geholfen, am Alltag teilzunehmen, es wird mit ihnen spazieren gegangen, sich unterhalten, ihnen aus der Zeitung vorgelesen …
Später dann wurde Silvia Peters Alltagshelferin bei diesem Verein, was noch viel mehr umfasst und ebenso eine Ausbildung einschließt. „Man muss wissen, wie mit einem Rollstuhl umzugehen ist, wie Nothilfe für Senioren geleistet werden kann, was altersbedingte Krankheiten verlangen“, sagt die engagierte Helferin. Für sie war es damals der einzig richtige Schritt, wie sie sagt, sich solch einer Aufgabe zu widmen. „Ich wollte ja das, was ich bereits damals bei meiner Ausbildung gelernt hatte, auch in der Praxis umsetzen.“
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Gemütliches Beisammensein und Kaffee trinken: MGH-Chefin Melanie Kerz (r.), Irmgard Perk (l.) und Silvia Peters.
Vorteile durch die Arbeit im Verein
Was damit ebenso verbunden ist: „Es entstehen sehr intensive Bindungen, oft auch Freundschaften wie die zu Frau Perk.“ Und ebenso spontane Entscheidungen. Während Corona beispielsweise, als viele Kontakte und Treffen nicht mehr möglich waren, sind die beiden Frauen auch mal schnell zum Markt gegangen oder haben zusammen andere Wege erledigt.
Mittlerweile gehören auch die gemeinsamen Besuche beim monatlichen Literaturcafé im Mehrgenerationenhaus dazu. Irmgard Perks Tochter, die sich auch sonst sehr um ihre Mutter kümmert, bringt sie dann mit dem Auto hin. Silvia Peters kümmert sich währenddessen um die Frau und fährt sie im Rollstuhl auch wieder nach Hause.
Dass die Alltagshelfer unter dem Dach eines Vereins agieren, habe auch viele Vorteile, wie MGH-Chefin Melanie Kerz betont. „Wir helfen bei allen Problemen, haben ein Auge darauf, wo es bei den Ehrenamtlichen Grenzen gibt und sorgen auch für Vertretung, wenn die jeweiligen Helfer verhindert sind.“ Obendrein ist die Versicherung gegeben. Und vor allem: „Die Chemie muss stimmen zwischen Helfer und zu Betreuenden, sonst hat das Ganze keinen Zweck. Irmgard Perk jedenfalls ist glücklich über diese Unterstützung, die ihr zuteil wird. „Es ist super, dass ich dadurch nach wie vor die Verbindung mit all den anderen habe und am Leben teilnehmen kann.“
©Silke Ungefroren