Harz
Von Feuerwehr bis Wünschewagen
Udo Knochenhauer
Im Harz ist ein ehemaliger Berufssoldat ein Lebensretter und Wünsche-Erfüller
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Maria Lang
Der Badersleber Udo Knochenhauer hat beruflich und privat stets andere unterstützt. Für ihn gibt es dafür keinen anderen Grund, als etwas Gutes zu tun. „Ursprünglich war ich Berufssoldat, aber als dann die Wende kam, musste ich mich umorientieren. Also wollte ich meinen zweiten Traumberuf wahrmachen und Krankenwagenfahrer werden“, erzählt Udo Knochenhauer mit Blick auf die Anfänge seines Berufslebens.
1966 wurde er in Thale geboren, wuchs auf in Neinstedt und zog 1978 nach Halberstadt. Für die Armeezeit ging es 1984 für sechs Jahre nach Berlin. „Als ich dann etwas Neues suchte, habe ich mich als Krankenwagenfahrer beim Roten Kreuz in meiner Heimat beworben, aber die wurden gerade nicht gebraucht – also bin ich in die Leitstelle nach Halberstadt gekommen und habe dort die Krankentransporte koordiniert und Notfälle angenommen“, erzählt er. Schon kurze Zeit darauf sei er dann aber vom neugegründeten Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) abgeworben worden. „Das war mir aber alles irgendwie nicht genug, ich wollte mehr“, sagt er. „Also habe ich noch eine Ausbildung zum Rettungssanitäter gemacht.“ Zwei Jahre später folgte die Weiterbildung zum Rettungsassistenten, als der er viele Jahre tätig war, bevor er 2016 zum Fahrdienstleiter befördert wurde.
Von Halberstadt in den Huy
Doch nicht nur sein berufliches Leben hat er in den Dienst für andere gestellt – auch im Privaten hilft er ehrenamtlich an gleich mehreren Stellen: Als er 1994 nach Badersleben zog, wo er seitdem lebt, war schnell der Kontakt zur hiesigen Feuerwehr aufgebaut. „Schon dienstlich kannte ich viele und war ja auch hier in der Rettungswache stationiert“, erinnert er sich. „Irgendwann haben sie dann gefragt, ob ich nicht mal vorbeikommen und sie vielleicht unterstützen kann.“ Dies habe er zugesagt - aber nur als Sanitäter, falls dieser bei Einsätzen benötigt werde. „Tja, und was soll ich sagen: Plötzlich war ich Maschinist und bin seitdem hier in der Feuerwehr“, sagt er schulterzuckend mit einem Augenzwinkern.
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Udo Knochenhauer ist unter anderem ehrenamtlich bei der Feuerwehr aktiv.
Von Feuerwehr bis Förderverein
Doch „nur“ Maschinist ist er dabei nicht geblieben: Es folgten die Weiterbildungen zum Atemschutzgeräteträger sowie zum Gruppen-, Zug- und letztlich sogar Verbandsführer. Den Posten als Ortswehrleiter, den er ebenfalls einige Jahre innehatte, gab er ab, weil man ihn gebeten hatte, stellvertretender Gemeindewehrleiter zu werden und zu diesem Zeitpunkt konnte man nicht beides sein. Neben dieser direkten Tätigkeit in der örtlichen Feuerwehr unterstützt er deren Aktivitäten auch mittels Gründung eines Fördervereins, dem er viele Jahre als Vorsitzender vorstand und dem er noch heute angehört.
Wünschewagen des ASB
Doch damit nicht genug: Als der ASB 2018 das Konzept des Wünschewagens auch für Sachsen-Anhalt übernommen hatte, war Udo Knochenhauer auch hier mit im Boot. Der Wünschewagen erfüllt todkranken Menschen letzte kleine Träume - vom Ausflug ans Meer bis zum Besuch eines Spiels der Lieblingsmannschaft. Ausgestattet auf neuestem medizinischem Standard braucht der Wagen aber stets auch einen Fahrer und Begleiter. „Irgendwie bin ich in die Steuerungsgruppe für dieses Projekt reingerutscht – ich weiß gar nicht mehr wie“, versucht sich der Wahl-Badersleber zu erinnern. „Das war dann so eine Mischung aus Arbeit und Ehrenamt, weil ich ja auch vor allem am Anfang viele Fahrten begleitet habe.“
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Auch im Wünschewagen-Projekt des ASB ist Udo Knochenhauer tätig.
Bewegende Schicksale
Diese hätten ihn stets tief berührt. „Man lernt dabei natürlich viele Leute kennen und erlebt sehr viel Bewegendes“, sagt er. An eine Fahrt erinnere er sich zum Beispiel, bei der sie eine sterbende Frau nach Hause begleitet hätten. Auch ihr Sohn war dabei, noch ein Kind. Wie dieser vom kindlichen Gespräch mit der Begleitung, bei der gelacht und gescherzt wurde, beim kleinsten Ächzen der Mutter sofort in einen völlig anderen, im wahrsten Sinn todernsten Modus gewechselt sei, habe ihn regelrecht erschrocken. „Dieses Kind ist schlagartig erwachsen geworden, in seinem Gesichtsausdruck, seinem Handeln und seinem Reden – ohne es wahrscheinlich selbst zu merken. Das war einfach so heftig“, sagt Udo Knochenhauer. Daran denke er noch heute oft zurück, weil es ihn so nachhaltig beeindruckt habe.
Auf der anderen Seite gebe es natürlich bei aller Tragik auch schöne Momente. Wenn die Wünsche dann eben in Erfüllung gehen und die Patienten und Angehörigen noch ein, vielleicht letztes Mal Freude und Glück empfinden. Auch, wenn er selbst nicht mehr viele Fahrten begleitet, ist er noch immer Koordinator für die Altkreise Halberstadt und Wernigerode. Warum er all dies mache? „Warum denn nicht?“, entgegnet er. „Meine Frau ist vor zehn Jahren verstorben, meine Kinder sind aus dem Haus, da kann ich mir das alles selbst einteilen und muss auf niemanden mehr Rücksicht nehmen. Außerdem macht es mir Spaß und ich tue etwas Gutes. Das ist doch Grund genug. “
©Maria Lang / picture alliance/dpa / Roland Weihrauch