Jerichower Land
Kleine Hexen im Kräutergarten
Manuela Rudolph und Barbara Geyer
Mit dem grünen Daumen erhalten zwei Frauen die Pflanzenvielfalt in Gommern
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Willy Weyhrauch
Zwei, manchmal drei engagierte Frauen im besten Alter tragen zum Erhalt des Pflanzenparadieses in Gommern bei und schaffen eine Begegnungsstätte für alle.
Seit einigen Jahren pflegen Manuela Rudolph und Barbara Geyer den lokalen Kräutergarten, fördern die Pflanzenvielfalt und kreieren mit ihrem ehrenamtlichen Engagement einen Anlaufpunkt über die Grenzen der Gemeinde hinweg. An den ersten Beeten in der Knickstraße 25c vorbei, den Werkzeugschuppen zur Linken passiert, erstreckt sich im hinteren Bereich das Kräuterareal der beiden Pflanzenfreunde. So ziemlich jede freie Minute lässt das Duo in die drei Beete und die erst jüngst geschaffene Kräuterschnecke einfließen.
Gift und feurige Liebe im Kräutergarten
Jedes Beet ist thematisch angelegt und verinnerlicht historische Vorgaben, die Geyer in einem dick gebundenen Ordner mitführt. Während in einer Rabatte mit feuriger Liebe aufgewartet wird, lockt in einer anderen das giftigste Gewächs Europas. Doch dazu später mehr. Angefangen habe alles mit Manuela Rudolphs Ausbildung zur Phytotherapeutin, was als Pflanzenheilkundlerin übersetzt werden kann. Dafür suchte sie in der Nähe einen Wirkungsbereich und fand mit der Stadt Gommern ein Arrangement. Der Befugnisrahmen wurde abgesteckt, anfangs seien es noch zwei Beete gewesen, doch auch die erwiesen sich trotz hoher Ambitionen als wahre Herausforderung: „Die Beete waren anfangs komplett verwildert, bis hier standen mir die Pflanzen“, sagt Rudolph und zeigt mit der Hand auf die Hälfte ihres Körpers. Was aus einem spontanen Einfall entstand, währt nun schon fast drei Jahre.
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Alltagshelden der Pflanzenwelt: Dank der unermüdlichen Arbeit von Manuela Rudolph (l.) und Barbara Geyer ist der Gommeraner Kräutergarten auch über die Region hinaus bekannt.
Auf dem Weg ins Kräuter-Boot
Wenig später sei Barbara Geyer hinzugestoßen. „Wir kannten uns bereits privat, Manuela hatte mir von dem Kräutergarten erzählt. Ich solle mir das mal anschauen“, so Geyer. Gesagt, getan, verliebte sich Geyer und sprang kurzerhand mit ins (Kräuter-)Boot. Anfangs sei noch etwas Sand im Getriebe gewesen, mit den beiden zuständigen Stadtmitarbeitern hätte man sich erst eingrooven müssen. Nun ist die Zusammenarbeit perfekt, jeder weiß, wofür er zuständig ist. Durchschnittlich verbringen die zwei Frauen, sowie eine dritte im Bunde, zwei bis drei Stunden pro Tag mit der Pflege und dem Erhalt der Anlage.
Während Manuela Rudolph als Erwerbstätige hauptsächlich die freien Wochenendstunden im Garten verbringt, sei Barbara Geyer als Rentnerin auch unter der Woche zugegen. Seit 1995 gebe es die Anlage bereits, damals noch mit einigen Nutzpflanzen mehr. 2008 erfolgte eine Umstrukturierung, die den Garten zukunftstauglich gestalten sollte. Bedeutet: Weniger Pflanzen, was den Erhalt und die Pflege des 2.800 Quadratmeter großen Areals erleichtert. Die angebauten Kräuter dienen nicht nur zum Anschauen, sondern fließen auch in die Rezepturen von Manuela Rudolphs Kräuterküche. Daraus zaubert sie Salben, Tees sowie Sirup. Auch andere Kräuterfreunde aus der Umgebung würden sich hier gelegentlich blicken lassen.
Mittlerweile sei der Platz zu einer Begegnungsstätte gereift, die nicht nur auf Einheimische anziehend wirkt: „Zuletzt konnten wir sogar Studenten aus Magdeburg begeistern, die über die Gommeraner Stadtbroschüre auf den Garten aufmerksam wurden“, sagt Barbara Geyer.
Der Duft des Kosmetikbeets
Die jungen Menschen hätten sich auf die Fahne geschrieben, durch die Regionen rund um Magdeburg zu touren. Dass sie gerade im Gommeraner Kräutergarten vorbeischneien, erfüllt das Duo mit Stolz. Doch im Kräutergarten hat alles Struktur, wildes Anpflanzen, Aussähen ist nicht vorgesehen. Vieles ist haargenau im historischen Ordner vermerkt. Manche Pflanzen wurden über die Jahre aussortiert, andere neu eingepflanzt, doch grundsätzlich bleibt die Struktur erhalten.
Zurück zu Gift und feuriger Liebe. Neben dem Rosenbeet im Zentrum, umringen drei weitere Beete den Einzugsbereich. Zur besten Jahreszeit duftet das Kosmetikbeet nach Apfel, Minze sowie Lavendel und Nachtkerzen. Besonders letzteres ruft bei Geyer pure Freude hervor. „Wenn die Sonne untergeht, öffnet sich die Blüte, leuchtet über Nacht und schließt sich am nächsten Morgen wieder.“ Nur ein Beet weiter sollten Diebe, die gelegentlich im Areal ihr Unwesen treiben, die Finger von den Kräutern lassen. Hier warten im Giftbeet Eisenhut, die giftigste Pflanze Europas, Wolfsmilch sowie Rizinus und Herbstzeitlose auf.
Das letzte Beet im Zuständigkeitsbereich des Duos ist das Symbolbeet. Was zunächst etwas sperrig klingt, leuchtet nach einem Beispiel ein. So steht der angepflanzte Lorbeer für Ruhm, die Madonnen-Lilie im Zeichen der Reinheit und rote Rosen locken mit feuriger Liebe. Im Gewächshaus wachsen Paprika, Tomaten sowie Chilis.
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Manuela Rudolph (l.) und Barbara Geyer engagieren sich ehrenamtlich im Gommeraner Kräutergarten.
Mutwillige Zerstörung im Kräutergarten
Schulklassen hätten den Garten bereits anhand von Quiz und Führungen zu schätzen gelernt, viele Menschen würden sich in der Blütezeit am bunten Schauspiel erfreuen. Im Sommer bietet Manuela Rudolph Rückenkurse im Areal an, die gespendeten Zuwendungen fließen direkt in den Erwerb neuer Werkzeuge. Doch wie bei allem, gibt es Menschen, die das geleistete Engagement nicht wertschätzen. Während manche frisch gesetzte Pflanzen herausreißen, würden andere die Beete mutwillig zerstören.
Dem wurde nun der Riegel vorgeschoben. 18 Uhr schließt die Anlage und öffnet erst wieder morgens um neun. Für die beiden Frauen bedeutet der Garten Ruhe und frische Luft. „Es gibt keinen schöneren Moment, als auf der Bank zu verweilen und die investierte Arbeit in Form von blühenden Beeten zu betrachten“, beschreibt Manuela Rudolph ihr empfundenes Glück. Das nächste Projekt ist bereits ins Auge gefasst. Die Sonnenuhr im mittleren Bereich ist verwildert und könnte ein Update vertragen.
©Willy Weyhrauch